MO
18.10

Blindenmarkt | Matinée zum 70er von Willi Narowetz



Der 70er des Publikumsliebling war Anlass für Herbsttage-Intendant Michael Garschall und seinem Team, dieses Wiegenfest gebührend mit einer außergewöhnlichen Matinée zu feiern.

Anlässlich des 70. Geburtstags des Publikumslieblings Willi Narowetz haben die Blindenmarkter Herbsttage am 17. Oktober 2021 eine ganz besondere Matinée veranstaltet. Der Intendant Michael Garschall führte das Publikum, welches die Ybbsfeldhalle ausfüllte, durch einen schillernden und abwechslungsreichen Vormittag zu Ehren des Jubilars, der diesmal nicht wie sonst selbst zauberte, sondern verzaubert wurde, und das von einer Vielzahl musikalischer WegbleiterInnen, FreundInnen und Familie, die ihm ihre Ständchen vortrugen. Aber der Reihe nach.

„Narowetz ist Narowetz geblieben“ und deswegen lehnt dieser auch den ihm anfangs angebotenen Champagner ab und lässt sich lieber ein kleines Bier bringen. Obwohl der Mostviertler Volksschauspieler jeden Grund dazu hätte - Star-Allüren gibt es bei ihm nicht.

Das erste Lied, das ihm von seinen beiden Töchtern Sigrid und Hanna gespielt wird, ist „The Girl from Ipanema“. Die schöne Frau, nach der sich alle umdrehen und staunen, wenn sie vorbeikommt, ist vielleicht doch eine kleine Anspielung auf die Prominenz, die Narowetz genießt. Sigrid am Cello und Hanna mit E-Gitarre interpretieren den Klassiker modern und stimmig: ein herzerwärmender Auftakt.

Als nächstes betritt der Schauspieler Johannes Terne die Bühne und trägt mit Akkordeon „Das Lied von der Krummen Lanke“ vor, eine Berliner Moritat. Einen kleinen Schnitzer auf den Tasten macht er mehr als wett mit seiner Bühnenpräsenz, seinem Charme und nicht zuletzt dem breiten Berliner Dialekt, den das Lied ihm abverlangt.

Von Charme kann die nächste Gratulantin ein Lied singen. Die Mezzosopranistin Patricia Nolz, die 2019 bei den Herbsttagen noch den Prinz Orlofsky gab und dann direkt von der Staatsoper (!) abgeworben wurde, singt fabelhaft Mozarts „Voi che sapete“. Bernd Leichtfried meistert die Herausforderung der Begleitung des Stimmwunders am Klavier bravourös und mit der freudigen Leichtigkeit, für die das Stück aus Le Nozze di Figaro so geliebt wird.

Nach ihr folgt schon die nächste Lokalgröße: Robert Kolar, langjähriger Spielkollege von Narowetz, hat ein herzlich lustiges Medley vorbereitet und krönt das Geburtstagskind zum „König der Ybbsfeldhalle“. Clemens Kerschbaumer bringt „Dein ist mein ganzes Herz“ von Franz Lehár, ein herzzerreißendes Lied mit, das er stimmgewaltig imposant vorzutragen weiß. Bernd Leichtfried macht weiterhin die Begleitung, so auch für Claudia Guarins Interpretation von „Oh mein Papa“ von Paul Burkhard. Guarins herrlich leuchtender Gesang ist definitiv einer der Höhepunkte. Vor der Pause gibt es aber noch ein Highlight: Frau Bundesministerin Tanner kommt, um Narowetz zu gratulieren, und mit ihm ein wenig über seine lange Zeit (30 Jahre!) als Koch in der Ostarrichi-Kaserne zu reden. Zum Abschluss des ersten Teils kommt dann noch Andreas Sauerzapf mit einem schwindelerregenden Jacques Brel-Lied, das das Publikum vor allem mit einem in die Pause schickt: Freude auf die zweite Hälfte!

Und die ist berechtigt: Narowetz stellt wieder einmal seinen selbstironischen Schmäh unter Beweis, als er sagt: „Ich bring‘ die Leut‘ zum Lachen, schön singen tun eh‘ die anderen!“ Was für ein Understatement von einem Mann, der seit über 30 Jahren auf Theater- und Operettenbühnen steht! Für die folgende Nummer „Theater“ von Katja Ebstein wird sogar das Publikum eingebunden und gemeinsam wird kurz das Theater besungen, als Ort der Kultur und des Zusammenkommens. Danach wird es wieder ein wenig schwermütiger; Univ.-Prof. Wolfgang Dosch spielt einen Melancholiker, der seiner eigenen Jugend nachträumt im Wienerlied „Auf der Heide“ von Robert Stolz. Die legendäre Gabi Schuchter sorgt dann wieder für Schwung, mit ihrer selbstgeschriebenen Liebeserklärung an Narowetz, die sie in einem musikalischen „Potpourri“ verpackt.

Der nächste hochkarätige Gratulant ist Josef Forstner, seines Zeichens Kammersänger, der für den besonderen Anlass eines seiner Lieblingslieder, „Die Rose“ von Bette Midler singt. Narowetz ist zu dem Zeitpunkt schon sichtlich gerührt, da kommen Bürgermeister Franz Wurzer und Vizebürgermeister Albert Brandstetter auf die Bühne und ernennen ihn zum Ehrenbürger Blindenmarkts! Der musikalische Leiter der Herbsttage, Kurt Dlouhy, setzt sich nun ans Klavier und mit ihm - endlich - spielt, singt, lebt Narowetz selbst den „alten Sünder“. Sein Charme ist unverkennbar und spürbar ist auch, dass er auf dieser Bühne zuhause ist. Zum Abschluss regnet es Rosen: Die heißgeliebte Katrin Fuchs hebt zu dem Knef-Klassiker an und alle Gäste treten zusammen auf und stimmen ein, um den „König der Ybbsfeldhalle“ hochleben zu lassen, was mit langanhaltenden Standing Ovations belohnt wird.

Gefeiert wurde immerhin Willi Narowetz, ein Comédien, ein Spaßmacher, Sänger, Publikumsheld, Blindenmarkter Lokalmatador und eigentlich dann ja doch ein „Superstar“, wie er als letzten kleinen Schmäh noch mit einem Augenzwinkern anmerkt.

Text: Laurenz Rogi | Fotos: Roland Schuller - eye-open
Published: 18.10.2021 - 14.15